Caibidil a Trí: Das Verb (An Briathar)

Defektive Verben (Na Briathra Uireasacha)

Gramadach na Gaeilge

feadair (wissen)
ar / arsa (sagen)
dar (scheinen)
dóbair (beinahe geschehen)
aitim (ich flehe an)
tarlaigh (geschehen)
téana (komm)
ráinig / ráinigh (erreichte)
die Kopula is (ist)

Im Gegensatz zu den unregelmäßigen Verben, die ja eine Vielzahl von Formen aufweisen, sind defektive Verben solche Verben, die nicht in ganzer Fülle konjugiert werden können, also nur in einigen wenigen Formen vorliegen. Zum Teil treten sie nur in einer einzelnen Form auf.

feadair (wissen)

feadair wird wie einstmals im Passiv (im Plural ähnlich heutigem Präteritum) konjugiert, es hat jedoch dennoch aktivische Bedeutung. Es ist daher das einzig erhaltene Deponens im Irischen. Es ist zeitstufenlos (feadramar = wir wissen, wir wußten)
Feadair wird heute nur in Fragesätzen (an bhfeadair tú? = weißt du?), Antworten darauf oder in negativen Sätzen (ní fheadar = ich weiß nicht, ich frage mich) verwendet.

Es verschmilzt oft auch mit der Partikel zu n’fheadair, z.B.: N’fheadar an bhfuil sé ann fós. = Ich frage mich, ob es noch da ist.
(Die 1. Person wird mündlich oft weiter verkürzt zu n’fhead’ oder n’fhea’ = ich weiß nicht)

Mit der Präposition do = zu ergibt sich die Bedeutung "jmd. sagen können" ("jmd. wissen lassen"), z.B.: An bhfeadraís seo dom? = Kannst du mir das sagen?
 

 Person  Verbform  Alternativen 
 1.Sing.  feadar  feadair mé 
 2.Sing.  feadraís  feadair tú 
 3.Sing.  feadair sé  
 1.Plur.  feadramar  feadramair, feadair muid 
 2.Plur.  feadrabhar  feadrabhair, feadair sibh 
 3.Plur.  feadradar  feadraid, feadair siad 

Formen ohne -r- vor der Endung im Plural (feadamar, feadabhar, feadadar) stellen die im Klassischen Irisch üblichen Formen dar, das spätere -r- stellt eine Übernahme des -r- der Singularformen dar, die nicht mehr als Konjugationsendung (altes Passiv-r) wahrgenommen wurden, sondern zum Stamm gerechnet wurden. (Der Stamm lautete eigtl. nur fead-, heute eher feadr-)
Da feadair hauptsächlich in Munster verwendet wird, ist zu erwähnen, daß im Plural zwischen -d- und -r- ein Hilfsvokal eingeschoben wird, feadramair also wie feadaramair gesprochen wird.

Heutzutage wird feadair vor allem noch in Munster verwendet.

Das Substantiv und alte Verbalnomen fios = Wissen ist weit häufiger in der Wendung tá a fhios ag duine = jmd. weiß, z.B.: Tá a fhios agam. = Ich weiß. (wörtl. "ist sein Wissen bei-mir"). Es tritt auch in Munster auf statt feadair in positiven Sätzen.

In Connemara tritt ein Verb in der Bedeutung "sich fragen" auf (Ní mé = ich frage mich, ich wundere mich). Dies ist wohl eine Form des Verbs déan.

ar, arsa (sagen)

Ar, arsa wird nur nach der direkten Rede verwendet. Es ist ebenfalls zeitstufenlos (arsa mise = sage ich, sagte ich).
Mit Ar, arsa werden nur emphatische Formen der Pronomen verwendet (mise, tusa, seisean, sise, sinne, sibhse, siadsan)
Ar wird nur vor den Pronomen der 3. Person (ar seisean, ar sise, ar siadsan) verwendet.
Arsa wird in allen anderen Fällen verwendet (arsa mise, arsa tusa, arsa an fear), vor Artikel seltener und älter auch ars.

"Tuigim anois", arsa Seán = "Jetzt verstehe ich", sagte Seán.
"Ní thuigeann tú ar chor ar bith", ar sise = "Du verstehst überhaupt nichts", sagte sie

In indirekter Rede muß ein anderes Verb benutzt werden (z.B. abair = sagen):
Dúirt sé léi gur thuig sé. = Er sagte ihr, daß er verstünde.
Dúirt sí leis nár thuig sé ar chor ar bith. = Sie sagte ihm, daß er überhaupt nichts verstünde.

Das Verb abair kann aber auch statt ar/arsa bei direkter Rede auftreten, oft generell in der (relativen) Präsensform a deir.

dar (scheinen)

Dieses Verb gibt es nur in der einen Form: dar = (es) scheint. Es ist ebenso zeitstufenlos.
Es wird stets mit der Präposition le = mit kombiniert: dar liom = mir scheint (mich dünkt/deucht, ich denke/dachte, wörtl.: "(es) scheint mit-mir").
Es kann nach einem Aussagesatz stehen oder vor einem go/nach-Gliedsatz.
z.B.: Dar leis an bhfear go bhfuil sé ann = Es scheint/schien dem Mann, daß er da sei. / Der Mann dachte, daß er da sei..
       Sin a bhfuil le rá, dar liom. = Das ist alles, was zu sagen ist, scheint mir.

dóbair (es geschah fast)

Varianten: d’fhóbair, fhobair, hóbair.
Dies tritt ebenfalls nur in einer Form (3. Person Singular Präteritum) auf.
Obwohl der Herkunft nach ein Verb, hat es jetzt jedoch eher die Bedeutung eines Adverbs ("fast", "beinahe").
Zumindest in Munster ist es gänzlich Adverb geworden und steht mit der Kopula: ba dhóbair
Es kann von einer Infinitivkonstruktion (dann Subjekt mit do) oder einem go/nach-Gliedsatz gefolgt sein.
z.B.: Dóbair dom titim. = Dóbair go dtitfinn. = Beinahe wär ich gefallen.

aitim (ich flehe an)

Dieses Verb tritt nur in 2 Formen auf (den Formen der 1. Person Präsens Indikativ): aitim = ich flehe an, aitimid = wir flehen an
Es treten auch die alternativen Formen aicim, aicimid auf (alte Orthographie: aithchim, aithchimid).

tarlaigh (geschehen)

Dieses Verb tritt nur in der 3. Person auf.
(Konjugationsformen der 1. u. 2. Person und autonome Formen existieren somit nicht, somit eigtl. auch nicht die Wörterbuchform tarlaigh, die ja 2. Person Imperativ wäre). Das Verbalnomen lautet tarlú = Geschehen, Geschehnis. Im Präteritum ist es unregelmäßig. Hier lautet die Form tharla (im Dialekt aber auch tharlaigh).
Im Falle von folgenden go/nach-Gliedsätzen/Infinitivkonstruktionen/Small Clauses steht üblicherweise kein zusätzl. Dummy-Subjekt sé = es (d.h. tharla go … statt tharla sé go … = Es geschah, daß …) .
Es kann (wie bei dóbair) im Falle einer folg. Infinitivkonstruktion der vom Geschehen Betroffene (das Subjekt der Infinitivkonstruktion) mit do eingeführt werden (somit: tharla dom = es geschah mir)
Es gibt ein (zufälliges) Geschehen wieder. Die Verbindung ó tharla (go) bedeutet meist nur "da, weil"

Tharla timpiste = Ein Unfall geschah
Má tharlaíonn go mbeidh tú ag caint leis = Wenn es passiert, daß du mit ihm sprichst
Tharla dom a bheith ann nuair a tháinig sé = Es passierte mir, zufällig da zu sein, als er kam.
Agus ó tharla muid ag fanacht le fada le freagra = Und da (es passierte, daß) wir lange auf eine Antwort warten mußten.
(Anmerkung: nicht muid (1. Person) ist hier Subjekt, sondern der ges. Small Clause "muid ag fanacht" ist Subjekt zu tharla)

téana (komm)

téana tritt nur im Imperativ auf, z.B.: Téana ort! = Komm mit!, Téanaigí oraibh! = Kommt mit!
In der 1. Person Plural ist die alte Endung -am üblich: Téanam abhaile! = Lasst uns nach Hause gehen!
Die Form téanam tritt auch generalisiert, d.h. auch an eine 2. Person gerichtet, auf: Téanam ort! = Komm mit!, Téanam oraibh! = Kommt mit!
Es existiert ein Verbalnomen téanachtaint, das in der indir. Rede für den Imperativ auftritt: Dúirt sé liom téanachtaint leis. = Er sagte mir, ich solle mit ihm kommen.

ráinig, ráinigh (erreichte)

Ráinig ist heute selten, erschien jedoch oft in der Literatur. Es trat vornehmlich in Munster auf. Von der Etymologie her ist es ähnlich der Präteritumform tháinig des unregelmäßigen Verbs tar = kommen. Die ursprüngliche Präsensstamm lautete rig (rigeann sé = er erreicht, vgl. mit: tagann sé = er kommt). Formen außer dem Präteritum-Stamm ráinig kamen aber völlig außer Gebrauch.*) Die synthetische Form der 1. Person Sing. lautet(e) rángas = ráinig mé = ich erreichte (vgl. thángas = tháinig mé = ich kam).
Da es vornehmlich noch in Munster gebraucht wurde, entstand aus ráinig die Form ráinigh, da sich beide in der Aussprache dort nicht unterscheiden (beide: [ra:n′ig′]). Ráinigh erscheint wie ein gewöhnl. Verb der 2. Konjugation. Davon werden "regulär" weitere Formen in anderen Zeitformen gebildet (ráiníonn sé = er erreicht, ráineoidh sé = er wird erreichen).
Im Wörterbuch Ó Dónaill wird auch ráinigh als defektives Verb bezeichnet und nur Präsens-, Präteritum- und Futurformen erwähnt. Auch scheint es noch vornehml. in der 3. Person als unpersönl. Form verwendet worden zu sein.

Verwendung von ráinig/ráinigh: erreichen (räuml./zeitl.), kommen, geschehen (z.B. Conas mar a ráinig go raibh tú anseo? = Wie kam es/geschah es, daß du hier warst?), erreichen (Ziel, log. Subjekt mit le: Ráinigh liom é a dhéanamh. = Ich schaffte, es zu tun.).
Unpersönl. zusammen mit der Präposition le im Sinne von können (z.B. sara ráinig linn-ne dul abhaile = bevor wir nach Hause gehen konnten)
In den meisten Verwendungen ist es durch andere Verben ersetzt worden (sroich = erreichen, tar = kommen, etc.)
In aller Munde ist das Verb noch durch sein Vorkommen in der ir. Nationalhymne: buíon dár slua thar toinn do ráinig chughainn ("einige von uns kamen zu uns über die Wellen")

*) Sein Verbalnomen riachtain überlebte in übertragener Bedeutung als riachtanach = notwendig und riachtanas = Notwendigkeit (von altir. ro-icc less = Nutzen erreichen = brauchen)
Der Konjunktiv überlebte nur als feststehende Wendung im Sinne einer (heute jedoch seltenen) Präposition go ruige = bis (wörtl. "bis du erreichst"), in Cape Clear verkürzt zu drig

Die Kopula is (ist)

Mit gewissem Recht wird die Kopula als defektives Verb angesehen.
Da deren Beschreibung hier zu umfangreich wäre, gilt ihr ein eigenes Kapitel.


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© Lars Braesicke 1999 / 2006

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